Foto Skizzen, Kommentare, Überlegungen von Assoc. Prof. Dr. Andreas Becker, Tōkyō. Über diese Seite
2024, Archiv: 2024 I, 2023 II, 2023 I, 2022 II, 2022 I, 2021 II, 2021 I, 2020. Zur Song-Seite

2021.12.31

Society

, you're a crazy breed (Eddie Vedder, Society )

Jahresabschlusskonzert

2021.12.30

Jimbōchō - Filme und Ukiyo-e

Dieser Tage schlenderte ich durch das Antiquariat-Viertel Jimbōchō 神田神保町. Geht man von der Station aus dem Ausgang A7 heraus, kommt man an zahlreichen Antiquariaten und Galerien vorbei. Dies sind kleine Geschäfte, manchmal versteckt im zweiten oder dritten Stock. Ich wollte schon immer mal Ukiyo-e kaufen und kam mit einer Tüte voller Bilder und auch noch mit Ex Libris-Drucken nach Hause zurück. Einfache Nachdrucke sind gar nicht teuer, die älteren Drucke natürlich schon. Es gibt auch zahlreiche bedilderte Bücher. Wie in Japan üblich, sind diese Druckwerke alle sehr gepflegt, in Folie verpackt und reisen so makellos durch die Zeit. Im Jimbōchō Theater 神保町シアター dann sah ich einen älteren Film von Kiyoshi Kurosawa 黒沢清 aus dem Jahr 2005 Umezu Kazuo: Kyōfu gekijō - Mushi-tachi no ie 『楳図かずお恐怖劇場 蟲たちの家』 [Link]. Er beruht auf einem Manga von Kazuo Umezu und beschreibt eine zerstörerische Liebe, die in Metamorphosen einer Frau in div. Insekten und Morden mündet. Das Ganze erinnert sehr an Franz Kafkas Die Verwandlung und ist schon alleine deshalb interessant. Danach recherchierte ich etwas zu Ukiyo-e-Drucken. Im Netz fand ich zwei Werkstätten, die sehr schöne und informative Internet-Seiten haben, die von David Bull in Asakusa und die von Motoharu Asaka in Shinjuku. Es gibt von beiden zahlreiche Videos, die den Herstellungsprozess solcher Drucke zeigen.

2021.12.14

Ein interessantes Interview mit Robert Jungk

2021.12.11

Christian Petzold-Heft im Rahmen der Reihe Film-Konzepte


Bald erscheint das Heft 65 der Reihe Film-Konzepte über Christian Petzold, das ich herausgebe. Ich sitze gerade an der Einleitung und fühle mich wie auf der Road to Cairo.

2021.12.08

Die unpolitischen Politiker*Innen. Präsentation des Koalitionsvertrags


Die Spitzen der Parteien SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die FDP haben gestern ihren Koalitionsvertrag Mehr Fortschritt wagen unterzeichnet. Der Aufmarsch zu Beginn bei Phönix erinnert auf billigste Weise an einen Western. Die vielen Sätze, die dann auf der Pressekonferenz gesprochen wurden, blieben nahezu inhaltsleer, kritische Fragen unbeantwortet. Es ist dies ein Typus von Politiker*Innen, der sich davor scheut, politisch zu sein und abgehoben ist, wenn es um Bürger*Innennähe geht. Man hat den Eindruck, sie würden die Entscheidungen nur weiterreichen, so als hätten andere sie getroffen. So wundert es nicht, dass Themen, wie etwa wie der Koalitionsvertrag zustande gekommen sei oder Vertrauensbekundungen, einen wichtigen Platz einnahmen. Man hätte, hier an Ort und Stelle eine Idee entwickeln können, politisch sein können durch das Wort. Aber man ist offenbar der Meinung, dass Politik nicht mit dem Wort, nicht mit Verant-wortung beginnt, sondern mit einer klischeehaften Kulisse von Phrasen und Inszenierungen und sich dann heimlich an der Öffentlichkeit vorbei entwickelt, so wie 16 Jahre lang. Was soll das heißen Mehr Fortschritt wagen? Man hätte doch eher den Titel wandeln sollen, Dem Fortschritt ein menschliches Gesicht geben. Denn ein Zuwenig an Fortschritt scheint nirgendwo der Fall zu sein, ein Zuviel aber allenthalben, gerade auch die Folgen des ›Fortschritts‹ für die Arbeitswelt sind unübersehbar. Ein anderer, meiner Meinung nach besserer, Titel wäre gewesen Langsamkeit und Verantwortung wagen, Vertrauen und Sicherheit in schweren Zeiten.

2021.12.01

Überlegungen für die Zeit nach Corona (Skizze 75)

Pandemiebekämpfung von oben. Schuld- und Schamkultur und Corona

Die FAZ schreibt über ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die Rechtmäßigkeit der Bundesnotbremse bestätigte: »Die drei Ampel-Parteien geraten durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts am Dienstag unter Zugzwang. Ihr Argument gegen einen abermaligen Lockdown war vor allem ein rechtliches gewesen: Das Herunterfahren des öffentlichen Lebens, insbesondere in Form von Ausgangsbeschränkungen und Schulschließungen, sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. So hatten vor allem FDP und Grüne argumentiert.« [Link] Diese Art von Auffassung der Pandemiebekämpfung ist symptomatisch. Seit nahezu zwei Jahren hat man die Bekämpfung per Gesetz und Verordnung organisiert, von oben, per Ansage. Wer sich an das Gesetz, das sich permanent ändert und von Bundesland zu Bundesland variiert, nicht hält, wird bestraft. Und die Politik argumentiert nur noch im Rahmen der Gesetze, engt ihren qualitativen Handlungsspielraum selber ein. Diese Art und Weise, das Virus per Recht und Verordnung einzudämmen, ist krachend gescheitert, denn die Zahlen der Infektionen sind so hoch wie nie. Aber anstatt sich zu fragen, wie es andere machen, wie man es in Japan macht, bewegt man sich in der juristischen Reflexzone und wendet das, was nicht funktionierte, mit noch größerer Härte und Strenge weiter an. Und die Bürgerinnen und Bürger verhalten sich leider oft unmündig. Sie akzeptieren diese obrigkeitsstaatliche, autoritäre Organisationsform, kritisieren sie kaum mehr und suchen nach Schlupflöchern, feiern etwa einen Tag, bevor das Gesetz der Kontaktbeschränkung in Kraft tritt, nochmal richtig. Oder sie besuchen den Weihnachtsmarkt im Nachbarbundesland, weil es dort noch kein Gesetz zu dessen Verbot gibt. Manches Verhalten könnte man als kindisch bezeichnen. Es wirkt dann von außen gesehen wie eine unheimliche Karikatur, was in Deutschland geschieht. Der Staat wird immer autoritärer und die Bürger tricksen ihn immer mehr aus. Hier in Japan hat man es richtig gemacht, wie ich vielfach schrieb. Neben dem Klima, wofür man nichts kann, scheint mir die HOMOGENE und durchgängige Verlangsamung und die Vergrößerung des sozialen Abstands (neben den in Skzze 74 bereits erwähnten Maßnahmen) für diese Entwicklung verantwortlich. Die Maschen des sozialen HOMOGEN vergrößern, das bekämpft offenbar das Virus und dessen Verbreitung viel besser als harte partikulare Maßnahmen oder ein Lockdown. Und die Angstbilder, die man in den deutschen Medien ständig verbreitet, etwa durch Aufnahmen der Intensivstationen, braucht man hier nicht (auch wenn es sie gibt), genauso wenig wie die Strafe. Diese deutsche Gewaltspirale, die von der Angst über das Gesetz zur Strafe führt, ist hier nicht zu beobachten. Die Menschen ziehen sich zurück, sie haben aber keine Angst davor oder keine Wut auf die Politik. Wozu auch?

2021.11.28

Hiroshima gesehen ― Hiroshima, mon amour (1959) von Alain Resnais wiedergesehen

Hiroshima. Meine ersten Eindrücke beim Gang vom Bahnhof zum Hotel: Erinnert mich an Gießen. Als Fußgänger muss man unsinnig lange warten bei den langen Ampelphasen, das Gehen stockt. Ein flüssiger Spaziergang ist unmöglich, immer wieder durchschneidet eine Straße mit Ampel den Weg. Das übrige tun die drei Flussarme, die die Mitte der Stadt teilen. Von schneller Hand gestrickt. Wie sollte man das anders machen damals? Man wollte die Stadt ganz schnell neu aufbauen. Aber es gibt auch keine Korrektur der Fehler. Teilweise fällt das Überqueren der Straßen schwer bzw. ist gar nicht möglich. Dann muss man die Unterführung nehmen. Deren Rolltreppensystem ist aber fallenähnlich. Bei manchen Ausgängen bewegt sie sich nur in eine Richtung. Ich ging gleich falsch und kam nach fünf Minuten wieder dort heraus, wo ich zu Beginn schon war. Hier beim Friedenspark, der auf einer Flussinsel liegt, und drum herum hat nichts geöffnet um 22.00 Uhr, kein Restaurant, keine Bar, auch im Hotel ist alles zu. Am Bahnhof war mehr los, aber da wollte ich nicht mehr hingehen. Zu müde. Wie eine Geisterstadt, obwohl sonst das Leben in Japan tobt wie immer, Corona hat hier keine Bedeutung mehr. Überhaupt wenig Menschen, zwei betrunkene junge Damen vor dem Convenience-Store in der Unterführung. Sie witzeln.
Japanische Städte sind alle provisorisch, sie ähneln sich und man muss sie kennen, um das Spezifische zu finden, überall Module. Aber diese hier hat etwas Eigenartiges. Irgendetwas ist hier an diesem Ort in der Wiederholungsschleife und kommt nicht heraus. Es ist ja nicht nur die physische Auswirkung der Bombe, sondern auch die emotionale. Die Stadt hat sich der Trauer an die Bombe und dem Gedenken an deren Zerstörungskraft verpflichtet, das war eine Idee der 1950er und 1960er Jahre, und hat ja auch Sinn. Aber das affiziert die Stimmung. Man lacht an diesem riesigen Platz nicht. Wärter laufen überall herum, als müssten sie die Trauer kontrollieren. Dabei wäre doch auch Zorn hier angebracht, den zu zeigen man sich aber natürlich nicht traut. Death Metal würde besser passen als Trauerflor. Schülertrupps auf dem Platz und im Friedensgedächtnismuseum. Lektion: Es wurden vor allem Zivilisten, junge Damen und Kinder getötet. Da hat sich seit Alain Resnais Film Hiroshima, mon amour von 1959 offenbar nichts geändert. Man könnte die gleichen Szenen heute wieder drehen. Nur dass an Stelle des Modells der zerstörten Stadt nun eine runde Animation getreten ist und der Raum verdunkelt. Peace ist für mich Bob Dylan. Straßenmusik und Protest. Ich hatte leichte Kopfschmerzen, was sonst nie geschieht. Im Hiroshima Museum of Art läuft eine Banksy-Ausstellung mit dem Titel Banksy - Genius of Vandal?. Eigentlich interessiert mich Banksy, aber wieso stellt ein MUSEUM in Frage, dass Banksy ein KÜNSTLER ist?
Hiroshima ist auch eine Datenerhebungsstadt der Medizin. Nicht genug, dass man sie als ein Symbol für die Zerstörungskraft der Bombe und dem Gedenken an deren Opfer installierte, man untersucht auch heute noch in medizinischen Studien mit militärischer Präzision die langfristigen Auswirkungen der Strahlung systematisch. Man sagt dazu STOCHASTISCHER SCHADEN. Vor Jahren sprach ich mit dem Strahlenmediziner Prof. Dr. Horst Kuni darüber, er sagte: »Außerdem hat man mit einem unglaublich hohen Aufwand, der eigentlich bis heute nicht vollkommen abgeschlossen ist, die Dosen, die die einzelnen Menschen erreicht haben, rekonstruiert. Nur mit einem solch großen Aufwand – und da steckten weitgehend militärische Interessen dahinter, mit zivilen Geldern wäre ein solcher Aufwand gar nicht realisierbar gewesen – ist es dann möglich, eine Verknüpfung von Dosen und Wirkungen herzustellen.« (Ein einziger Strahlentreffer kann tödlich sein, S. 258) Nachdem die Amerikaner die Studien durchführten, werden diese nun von der binationalen Radiation Effects Research Foundation (RERF) weitergeführt. Das hat wiederum Auswirkung auf die Stadt und deren Stimmung. Die Amerikaner hatten im Manhattan-Projekt , unter Leitung von Robert Oppenheimer, in Los Alamos in New Mexico in einer Art Kommunardenleben die praktische Mathematisierung der Natur so weit getrieben wie nie in der Menschheitsgeschichte. Und DESHALB gewannen sie den Krieg. Es war ein theoretischer Triumph. Die Materie als einzige Energie-Quelle. Heideggers GESTELL. Und dann entsteht diese Anti-Welt der Vernichtung. Und in Japan triumphierte bzw. wollte man über diese triumphieren, indem man sich in der Anti-Welt der Strahlung einrichtete und das Ganze noch systematisch observieren ließ. AM EIGENEN KÖRPER. Metaphysische Konkurrenz. DAS STRAHLT DOCH NOCH, denke ich ständig. Sind diese Objekte noch gefährlich? Wie stellt man unsichtbare radioaktive Strahlung aus? Man hat ja damals die Berechnungen hin auf die Explosion abgestellt. Welche Elemente und Strahlungsarten in den Kettenreaktionen der Kettenreaktionen entstanden, weiß und interessierte niemand. »Wegen der unvollkommenen Kenntnis der bei einer Atombombenexplosion ablaufenden Vorgänge mußten bei den durchgeführten Abschätzungen starke Vereinfachungen gemacht werden«, heißt es in einem Artikel von Albert Sittkus aus dem Jahr 1964 (Zeitschrift für Naturforschung, S. 999). Vielleicht gibt es Schätzungen. Aber erst vor wenigen Jahren maß man mit aufwendiger Apparatur die Neutronenstrahlung. Am Gruseligsten im Museum war für mich das Steinportal mit einem Menschenschatten an der Wand, ein Materieschatten des verglühten Leibes, Pompeji 2.0.

Die Atombombenkuppel (原爆ドーム, gembaku dōmu) ist eine Art japanische Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Ursprünglich vom tschechischen Architekten Jan Letzel entworfen und 1915 als Ausstellungshalle fertiggestellt, war sie Zeichen für die Internationalität der Stadt. Als Steinbau war sie freilich auch widerstandfähiger als die Holzbauten. Dazu traf die Detonationswelle sie von oben, so dass die Wucht der Explosion nicht die Wände umriss.
Günther Anders war etwa zur gleichen Zeit, als Resnais Film entstand, in der Stadt. Ich fragte mich, ob sie sich getroffen haben. Anders hielt auf dem IV. Internationalen Kongreß gegen Atom- und Wasserstoffbomben und für Abrüstung am 20. August 1958 in Tōkyō eine Rede und macht in Hiroshima ist überall deutlich, dass ihn die Exotik des Fernen Ostens wenig angeht, führte ein Tagebuch und einen Briefwechsel mit Claude Eatherly.
Vor einigen Jahren beschrieb ich in dem Aufsatz »Über den Umgang mit Klischees in Alain Resnais ›Hiroshima mon amour‹« den geschickten Aufbau von Marguerite Duras' und Alain Resnais' Drehbuch. Es arbeitet mit dem Durchstreichen von Klischees, lässt diese transparent werden. Das ist schon bei der Anlage des Films so. Eine französische Filmschauspielerin (Emmanuelle Riva) verliebt sich in einen japanischen Mann (Eiji Okada), damit wird das Butterfly-Narrativ in sich verkehrt. Resnais hat aber auch eine weitere Finesse eingebaut. Er weiß, dass die Atombombe zynischerweise Ausdruck der modernen Naturauffassung ist. Gleichzeitig ist es aber ein moderner Film. Er lässt also die Moderne reflexiv werden, gibt sie nicht auf, sondern integriert die ungeheuren negativen und zerstörerischen Seiten und versucht dann, der Stadt ein POSITIVES Bild zu geben, die LIEBE versöhnt und triumphiert, selbst als Liaison.
Es gibt Schnittmengen zwischen der kalten Architektur an diesem Platz und dem modernen Projekt. »Nichts hast du in Hiroshima gesehen«, heißt es zu Beginn des Drehbuchs auf Seite 20. Und Resnais findet hier eine Form, Strahlung durch Schlieren, durch Fragmentierung, Kadrierung, Sand auf nacktem Körper darzustellen. Strahlung rieselt. Wenn das eine Stadt leisten kann, ist das eine Chance. Ich war nur einen Tag da. Ich möchte nochmal hinfahren.

Weitere Materialien:
Datenbank des Friedensmuseums mit Zeitzeugenberichten und zahlreichen Fotos und Materialien. John Else hat einen Dokumentarfilm The Day After Trinity (1980) über die Entstehung der Atombombe gemacht. Eine Kurzinterpretation von Resnais' Film auf DW.

2021.11.27

Bilder von der Mount Kishima-Tour (Kishimadake 杵島岳, Kumamoto 熊本)



Das Scheitern der deutschen Kultur an Corona

Überlegungen für die Zeit nach Corona (Skizze 74)

Der Tagesspiegel schreibt über die neu entdeckte Omikron-Variante: »›Diese neu entdeckte Variante besorgt uns‹, sagte der noch amtierende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Freitagmorgen. ›Daher handeln wir hier pro-aktiv und frühzeitig.‹ Das letzte, was jetzt noch fehle, sei eine ›eingeschleppte neue Variante, die noch mehr Probleme macht‹. Bis zum Inkrafttreten der Beschränkung rief er Rückkehrer aus Südafrika dazu auf, sich freiwillig einem PCR-Test zu unterziehen und bis zum Ergebnis in Quarantäne zu begeben.« [Link Tagesspiegel 26.11.2021]
An diesen Ausführungen erstaunt einiges. Man handle pro-aktiv, wie Spahn sagt - und dann heißt es, dass man die Rückkehrer aus Südafrika freiwillig dazu aufrufe, sich einem PCR-Test zu unterziehen. Wer wird das machen? Wie viele Wege hat dieser Mensch bis dahin zurückgelegt und andere infiziert? Warum ist es der deutschen Politik auch nach zwei Jahren Pandemie nicht gelungen, ein Kontrollsystem wie in Japan aufzubauen? Das lässt sich in vier Punkten zusammenfassen:
1. Einreise nur mit ärztlich kontrolliertem PCR-Zertifikat.
2. Zweiter kostenloser Corona-Speicheltest am Landeflughafen, dessen Ergebnis nach weniger als einer Stunde vorliegt.
3. Transfertaxi vom Flughafen zur Quarantäne-Wohnung, das vorher gebucht wird.
4. Quarantäne, die überwacht wird.
Gehen wir von dem schlechtesten Szenario aus, so entsteht mit der Omikron-Variante eine Art zweiter, globaler Pest, wie im Mittelalter, die Jahrzehnte lang anhalten könnte. Dann ist es von existenzieller Bedeutung, den staatlichen Raum als geschlossenes Territorium zu definieren, dessen Grenzen abgeschottet sind wie bei einer Membran. In einem solchen Innenraum kann das Infektionsgeschehen bei Disziplin kontrolliert werden, wie Japan beweist.
Man könnte nun sagen, dass das eine Krise der deutschen Politik ist und nicht der deutschen Kultur. Aber das Problem reicht weiter. Es liegt im Kern deutscher Auffassung von Staatlichkeit und Recht, die als Regulatoren im Alltag angerufen werden. Man erzeugt Regeln von oben, Gesetze und Verordnungen, die bei Nichtbeachtung bestraft werden. Das Problem bei der Pandemie ist (neben der Langsamkeit des Erlassens von Gesetzen), dass man nicht weiß, wie man das Geschehen einordnen soll und selbst Experten ihre Auffassung permanent ändern. Die so installierten dysfunktionalen und unsinnigen Gesetze erzeugen daher nur Unmut. Und was macht der Staat? Anstatt seine Unfähigkeit einzusehen, diffamiert er die Kritiker und kriminalisiert diese, indem er neue Gesetze schafft und eine entsprechende verleumderische Atmosphäre erzeugt. Man produziert so die Querdenker dauerhaft. Die ›klare Ansage‹, die sich viele wünschen, ist schlichtweg nicht möglich. Stattdessen sollte man zu einer weitreichenden und einheitlichen Differenzierung übergehen. Wie hat sich die deutsche Kultur aus früheren Miseren herausgedacht? Es ging immer durch Adaption und Transfer von Elementen anderer Kulturen. Die Wissenschaft übernahm das Latein als Fachsprache, man transferierte das altgriechische Denken und suchte sich das Beste heraus. Und diesmal sollte man daran gehen, von der japanischen Kultur zu lernen. Diese setzt auf Appell anstatt auf Strafe. Sie nimmt das Virus ernst, indem sie nachvollziehbare und einheitliche Hygieneregeln schafft und die Wege des Virus verfolgt und kappt. Es kommen noch einige Tugenden hinzu. Ich denke, dass die bestimmte verlangsamte Taktung der japanischen Kultur dem Virus nicht behagt. Auch sprechen Japaner ohnehin wenig, aber nun fast überhaupt nicht im öffentlichen Raum. Aber sie organisieren auch kleine Dinge besser. Die Fenster in den Zügen sind offen, die Plätze im Shinkansen mit Abstand organisiert, die Lüfter laufen überall, Masken trägt nahezu jeder. Manche tragen sie nicht. Aber diese wenigen müssen nicht bestraft werden. Sie fallen nicht ins Gewicht. Diese Gelassenheit begegnet dem Virus - und es zieht sich zurück. So kann man jetzt in Japan wie früher reisen, feiert und das öffentliche Leben ist seit einigen Wochen zurückgekehrt, wo in Deutschland der neue Lockdown droht.

2021.11.23

Zugreisen in Japan

In Japan mit dem Shinkansen zu reisen, ist für Deutsche so, als ob sie eine längst vergessene Welt betreten. Die Züge sind pünktlich, nicht so teuer, am Fahrkartenschalter ist so viel Personal, dass man selbst bei Hochbetrieb innerhalb von zwei Minuten eine Karte erhält, alle lachen, sind höflich, der Zug dann sauber, großzügig im Raum, dazu immer ein Platz frei zwischen den Passagieren, der Kaffee superlecker, dazu noch relativ günstig. So reist es sich gut und jeder denkt: Fair verdienstes Geld. In Deutschland dagegen alles auf den Gewinn ausgerichtet, der Service auf nahezu Null gesetzt, Züge unpünktlich etc. Insgesamt ein schlechtes Geschäft in Deutschland, jeder ist enttäuscht. Bei dem Einfachsten, einem Verkehrsmittel des 19. Jahrhunderts, scheitert es schon. Negative Emotionen werden so in Deutschland quasi industriell mitproduziert, wo man in Japan ein Bild der Zuverlässigkeit gewinnt.

2021.11.21

Mount Tō (塔ノ岳, Tō-no-dake)-Tour

2021.11.15

Led Zeppelin Tangerine

2021.11.13

Fangschrecke in Hiyoshi


Gestern ging ich, wie immer vor dem Seminar am Hiyoshi-Campus, spazieren. Hinter dem Sportplatz, Treppe herunter, da gibt es einen kleinen Weg mit viel Gebüsch. Beinahe hätte ich sie übersehen, wäre gar auf sie getreten. Aber da ich mich schon lange für die Mimikry interessiere, war mein Auge wach. Das schöne Exemplar läuft wie ein Blatt im Wind, hat Vergänglichkeitsspuren und Fehler am Leib, ist dadurch schwer zu erkennen. Einmal blickte mich das Geschöpf an, hoffend, dass ich es nicht sehen würde. Ich blickte mit der Kamera zurück.

2021.11.08

Kalender 2022 online!

Hier können Sie meinen Bildkalender für das Jahr 2022 in Postkartengröße downloaden.
Bild
Kalender 2022 als [pdf, 10.4 MB]
Kalender 2022 als [epub, 10 MB]

Was bringt die Impfung?

Die FAZ schreibt am 8. November: »Das Robert Koch-Institut meldet 15.513 Neuinfektionen mit dem Coronavirus. Das bedeutet eine bundesweite Inzidenz von 201,1 – mehr als der bisherige Höchstwert der gesamten Pandemie kurz vor Weihnachten. In einem Kreis liegt der Wert fast bei 1000.« [Link] Vor einem Jahr sagte man den Menschen, dass sie sich impfen lassen müssten. Das würde die Pandemie beenden. Nun haben sich ca. 70 Prozent der Menschen in Deutschland impfen lassen. Und es hat offenbar nicht den erhofften Einfluss auf das Infektionsgeschehen, gelinde gesagt. Es scheint so zu sein, dass einige schwere Verläufe verhindert wurden, aber auch da fehlen die statistischen Aussagen. Weil man offenbar nun die Wahrheit für gesetzt hält, dass die Impfung hilft, ordnet man alles andere dieser Annahme unter. Und so ist die Konsequenz nicht ein Eingeständnis der geringeren Wirksamkeit der Impfung, sondern die Aussage ALLE müssen sich impfen lassen und die bereits Geimpften müssten sich ›boostern‹. Und geradezu grotesk angesichts der Zahlen wirkt dann, dass man alle in die Impfung zwingen will, obwohl diese ganz offensichtlich nicht den erhofften und versprochenen Nutzen hat - und durch die 2G-Regelung Nichtgeimpfte staatlicherseits diskriminiert.

2021.11.07

Aysun Bademsoys Film Spuren – Die Opfer des NSU (2019)

Gestern sah ich im Kino Eurospace [Link] in Shibuya Aysun Bademsoys Film Spuren – Die Opfer des NSU (2019) [Link]. Es ist ganz wichtig, diesen Film in Japan zu zeigen und weltweit. Die Regisseurin sprach anschließend per Zoom mit Prof. Dr. Tetsuya Shibutani. Wichtig sei es, den Opfern eine Öffentlichkeit zu geben. Dem muss man zustimmen. Ein Film, der sich den Opfern auf eine behutsame und sensible Weise nähert, ohne sie auszustellen. Das Kino war gut besucht.

Überlegungen für die Zeit nach Corona (Skizze 72)

Die deutsche Gesetzesstrenge und die japanische Gelassenheit

In Shibuya war ich sehr erstaunt, wie viele (junge) Menschen doch wieder das öffentliche Leben genießen. Das Photo habe ich dort gestern gemacht. Es war überall so voll. In den Kneipen, Kinos, Bars, auf der Straße. Und gleichzeitig sinken die Corona-Zahlen [Link]. Es ist dies ein Rätsel sondergleichen. Hier sind zwar auch viele geimpft, aber das ist etwa so wie in Deutschland. Woran liegt es? Am Klima, an der Maskenkultur (die Maske wird auch im Außenraum getragen). Es gibt hier keine Massentests, keine 2G oder 3G-Regel. Ob man sich impfen lässt oder nicht, ist jedem selbst vorbehalten. So ist es ja auch demokratisch richtig. Mir scheint ein Grund dafür zu sein, dass die Japaner gelassen mit der Pandemie umgehen. Außerdem ist es hier kein Gegensatz zur Haltung, sich in die Wohnung zurückzuziehen, was dennoch viele machen. Aber es bleibt ein Rätsel, warum die Zahlen hier sinken. In den Kneipen wird gegessen und getrunken, da hat man keine Maske auf.

Überlegungen für die Zeit nach Corona (Skizze 73)

Der Preis des Kapitalismus

Die Corona-Pandemie, vorher schon die Terrorserien, haben den Preis des öffentlichen Raumes und des Reisens in ungeahnte Höhen getrieben. Die Sicherheitsvorkehrungen sind so immens geworden, dass sich - springt der Staat nicht ein - diese Bereiche kaum mehr finanzieren ließen. Der Gewinn würde direkt durch die Sicherheitsmaßnahmen aufgebraucht. So leben wir zunehmend in einem durchstaatlichten Wirtschaftssystem, das sich noch den Anschein gibt, es gehe hier um Angebot und Nachfrage, um Konkurrenz von Unternehmen um das günstigste Produkt.

Überlegungen für die Zeit nach Corona (Skizze 74)

Die Kritik an Pfizer und deren Rücknahme

Patrick Gensing berichtet am 4.11.2021 auf Tagesschau.de über die Kritik an der Erhebung der Pfizer-Studie: »Falsch etikettierte Proben, nicht korrekt gelagerter Impfstoff, schleppende Reaktionen auf Nebenwirkungen: Die Vorwürfe einer Whistleblowerin zu einer Studie über den Biontech/Pfizer-Impfstoff sind lang. Dennoch meinen Fachleute, es gebe keinen Grund, an der Wirksamkeit des Impfstoffs zu zweifeln.« [Link] [Link zur verwiesenen Studie]. Es ist ein im Journalismus üblich gewordener Gestus, dass die Kritik nicht mehr verfolgt, sondern gleich im nächsten Satz relativiert wird, wenn es heißt, dass Fachleute nicht an der Wirksamkeit zweifeln würden. Klar, wer sind denn diese anonymen Fachleute? Eben jene, die die Studie machten und die vom Geld der Pharmaindustrie leben. Früher wäre dies der Anlass eine Skandals, journalistischer Nachforschungen gewesen. Heute geht es offenbar darum, die Meldung zu verlautbaren, sie zu relativieren und dann nur als vorhandene in den Nischen des öffentlichen Raums zu belassen. Nun verlangen die Politiker die Ausweitung der 2G-Regel, wie Tagesschau.de meldet [Link] [Link]. Was aber, wenn die Impfung tatsächlich gar nicht so gut schützt, wie ursprünglich behauptet? Und was, wenn die Restriktion und die Diskriminierung von Ungeimpften auch nichts nutzt. Wenn also zwar nur Geimpfte und Genesene das Restaurant besuchen dürfen, sich und andere aber dennoch anstecken? Dann ist das ganze autoritäre Gehabe unnütz gewesen. Aber diese großen Linien will keiner tangieren. Dass die Inzidenzzahl noch höher ist als vor einem Jahr, zeigt doch, dass die Imfpung offenbar keinen Einfluss auf das Infektionsgeschehen hat. Warum überhaupt führt man dann 2G ein? Will man die Menschen absichtlich zu den Demos drängen durch eine solch irrationale Politik? Sahra Wagenknecht sagt ganz zu Recht bei Anne Will (Sendung vom 1.11.2021), warum man denn die Ungeimpften vor sich selber schützen wolle. Denn eine Ansteckung ist doch für die Geimpften gar nicht gefährlich! Und die Ungeimpften gehen eben das Risiko ein.
Verdächtig ist auch, dass man die Zahlen nicht preisgibt. Statistiken, die veröffentlicht werden müssten, und zwar für jedes Krankenhaus und jeden Patienten, kontinuierlich:
1. Wie viele der positiv Getesteten haben Symptome? Wie viele haben schwere Symptome?
2. Wie viele der Patienten in den Krankenhäusern sind geimpft?
3. Wie viele Menschen haben schwere Symptome trotz Impfung?

Überlegungen für die Zeit nach Corona (Skizze 75)

Langzeitnebenwirkungen. Aussagen des Immunologen Prof. Carsten Watzl

Das ZDF führte mit dem Immunologen Prof. Carsten Watzl ein Interview über Langzeitnebenwirkungen der Impfungen. Darauf sagte er: »Das lässt sich ausschließen. Das, was Leute unter Langzeitfolgen verstehen, ist, dass ich mich heute impfen lasse, mir es die nächsten Wochen und Monate eigentlich gut geht - aber nächstes Jahr habe ich irgendeine Erkrankung, die auf die Impfung zurückzuführen ist. Und so funktionieren die Impfungen nicht. Die Impfungen lösen eine Immunreaktion aus und während dieser Immunreaktion kann es zu Nebenwirkungen kommen. Das ist in der Vergangenheit auch schon passiert, aber die sind dann auch innerhalb von ein paar Wochen wieder abgeschlossen. Also, dass mir dann in einem Jahr was passiert, das ist ausgeschlossen.« [Link]

2021.11.05

PD Dr. Hyunseon Lees Gespräch über Madame Butterfly ist online!

2021.11.04

Wo ist die Zeit? [Gedicht]

Ich rase mit 1.670 Kilometern pro Stunde durch die Zeit
Ich mache nichts. Ich sitze - und fliege durch das All
Was habe ich gemacht?
Ich tue, was zu tun ist
Arbeit vertreibt die Zeit
Schlaf vertreibt die Zeit
Die Wochen fliehen dahin
Die Freitage springen wie ein Stein auf dem Wasser
Der Takt der Zeit ändert sich
Wo ist die Zeit?

2021.11.01

Wahlkampf in Japan

Vorgestern joggte ich in Mita/Azabu. In den letzten zwei Wochen waren zahlreiche Lautsprecherwagen unterwegs. Überall an den Häusern Plakate mit den Konterfeis der Politikerinnen und Politiker. Ich lief an einem solcher Wagen mit Megaphon vorbei, darin eine behandschuhte Frau vorne. Sie rief mehrfach in der Minute ihren Namen. Zunächst dachte ich, es handle sich um ein Tonband, wie man das in Deutschland früher zu Wahlkampfzeiten machte. Aber sie rief die Wiederholung ihres Namens offenbar selber durchs Mikrophon, damit man ihn sich merke.

Adel

Früher herrschte der Adel über die Familienbande, diese lief den Institutionen parallel. Heute ist das nahezu undenkbar. Es würde beinahe anrüchig wirken.

Tōkyō Film Festival

Das Tōkyō Film Festival hat begonnen. [Hier] geht es zur Homepage, [hier] zum Youtube-Kanal und [hier] zum Programm.

2021.10.28

Metallica No Leaf Clover (San Francisco, CA - September 16, 2021)

2021.10.25

Photos von Senjōgahara - Odashirogahara (戦場ヶ原-小田代原)

Ferngesteuerte Menschen

Eine junge Frau im Zug. Zu hübsch für diese Welt. Entrückte Schönheit, herausgefallen aus der Zeit. Die Mutter kam von vorne. Es sei eine Toilette im Zug. Sie ging dorthin, verschwand. Menschen lassen sich fernsteuern, durch die Familie, durch Mütter, durch Väter.

Geisteshaltung

Welcher Geist drückt sich in bestimmten Handlungen aus? Wir überschauen das Mosaik der Handlungen nur langsam, fokussieren manchmal falsch. Dann aber gibt es eine Gewissheit, es bekundet sich unbezweifelbar eine Geisteshaltung hinter alledem. Dann polarisiert sich die Welt.

Welt 1 und Welt 2. Störungen und Belästigungen

Die virtuelle Welt ist nicht nur eine Wunscherfüllungswelt, sie ist auch eine narzisstische, die uns in ihr spiegelt. Man kann in dieser Welt 2 alles erleben und sich erfüllen, was man will, scheinbar. Immer mehr passen die Menschen die Welt 1 (Erfahrungswelt) dieser Welt 2 an. Die synthetische Welt wird zum Modell der Realität. Weil es keine Störungen und Belästigungen in Welt 2 gibt (zumindest werden sie massiv gefiltert, alles ist clean, programmiert), möchte man dies auch in Welt 1 so haben. In Japan lebt man immer schon so, dass man von der geistigen Welt des Futur II aus handelt, aus dem Jenseits gewissermaßen. Es ist hier ein gesellschaftlicher Anspruch, dass man niemanden stört, schon gar nicht belästigt. Fahrräder werden nur verpackt und demontiert im Zug mitgenommen. So ist es überall. Stille als Gebot. (Die Reise wird vielleicht von manchem nur durchgeführt, weil man wissen will, ob man sie im Packen richtig vorweggenommen hat. Gedankenspiel der Vorwegnahme.) Durch Corona nahmen diese Ansprüche, man dürfe niemanden stören, anstecken, weltweit massiv zu. Auch das Näherkommen, das bloße Ansprechen von Fremden gilt als potentielle Belästigung, da man die Gefahr einer Infektion wittert. Es wird in Zukunft so sein, dass Menschen wegen Belästigungen, auch medialer, verhaftet werden, die nur deshalb als Belästigungen gelten, weil sie gefühlsmäßig bekundet wurden. Das Gesetzbuch wird nur noch dazu dienen, diese Störungsbekundungen zu legitimieren. Die Idee, man müsse sich so verhalten, dass man niemand mit Covid infiziere, ist eine Art Vorbote einer Auffassung, die sich verallgemeinert. Die Gesichter der Menschen in den japanischen TV-Dokumentationen sind oftmals unkenntlich gemacht, auch schon bei ganz normalen Dokumentationen. Das wird sich so etablieren, weltweit. Die Faszination der Welt 2 ist zu groß, sie greift auf Welt 1 über. Die Staatlichkeit nimmt diese Tendenzen gerne auf. Sie lassen sich als Disziplinierungsmittel umfunktionieren. Demonstrationen, Kritik, Zusammenkünfte, Vertrauensbildung, all das, was eine lebendige Demokratie ausmacht, kann so als verdächtig und gefährlich etikettiert werden.

Segelohren und Corona

Nach Corona werden viele Menschen Segelohren als Auswirkung des Maskentragens haben. Lassen sie sich diese operieren? Nimmt man das hin?

Totalitarismus als Identifikation mit dem Staat

Die größte Gefahr des Totalitarismus scheint mir, dass er einerseits das Individuelle auslöscht, andererseits aber bewirkt, dass sich das Individuum mit dem Staat identifiziert, die Allmacht der Vollstreckung staatlicher Gewalt erhält.

Kulturelle Prämissen

Ich kenne die kulturellen Prämissen nicht, ich lebe aus Ihnen heraus. Wie geht man damit um? Menschen, die in mehreren Kulturen aufgewachsen sind, können dies besser.

Naturschutzgebiete

Naturschutzgebiete sind künstliche Orte. Die Natur soll so sein. Würde man sie sich selbst überlassen, entstünden ganz schnell Wucherungen, Dominanzen, unästhetische und gefährliche, unbegehbare Zonen.

Die kleine Bar in Tobu-Nikkō

Die kleine Bar in Tobu-Nikkō. Oase in der Tourismus-Wüste. Sie hat auch nach 20 Uhr geöffnet. Plätze gibt es nicht viele: vier Barhocker, zwei kleine Tische. Ein Gast (ein Reisender) und ich, der sich erwartet fühlt. Der Reisende hat viel zu erzählen. Island, Pakistan. Deutschland. Ja, der Gewürztraminer schmecke gut, Räuchermännchen und Nussknacker aus Holz gibt es da. Tocotronic kannte die Wirtin nicht. Kyōto. Schenkt Wein aus, brät Curry-Hackfleisch hinter der Theke, die Bestellung im Futur II vorweggenommen. Es duftet gut. Solche Orte gibt es überall. Man muss nur Geduld und Glück haben, sie zu finden.

2021.10.13

Vom Sinn und Unsinn der 3G-Regel für Hochschulen

Der SWR berichtet über die Öffnung der deutschen Hochschulen. Sie bieten wieder Präsenz-Veranstaltungen an. Es heißt: »Wer am Campus-Leben vor Ort teilnehmen will, muss geimpft, genesen oder negativ getestet sein. Der 3G-Status wird jedoch unterschiedlich überprüft: Während Studis an der Hochschule in Mainz ohne 3G-Nachweis nicht mal das Gebäude betreten dürfen, erfolgt die Kontrolle an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz lediglich stichprobenartig.« [Link]
Man glaubt also in Deutschland, man könne das Virus durch Gesetzesverordnungen fernhalten. Nur diese Gruppe, die Geimpften, Genesenen und negativ Getesteten können in die Gebäude, alle anderen sperrt man aus. Und so bleibt auch das Virus draußen, so offenbar die Logik. Das ist eine merkwürdige Vorstellung. Zum einen wird das Virus verbreitet, auch wenn man geimpft ist. Und auch Tests sind nie ganz sicher. Und welche Gefahr haben denn die Geimpften? Sie sind doch im Besitz des pharmazeutischen Immunschutzes! Jeder kann sich doch schützen, wie er will. Wer nicht geimpft ist, geht eben ein Risiko ein. Das ist auch bei anderen Krankheiten so, etwa bei der Grippewelle jedes Jahr. Hier in Japan gibt es solch unsinnige Regelwerke mit Kontrolllinien nicht. Es gab eine Impfaktion, dann haben sich die meisten Studierenden impfen lassen, und nun beginnt das Campusleben normal. Wozu die 3G-Kontrollen? Auch ist fraglich, ob ein Tragen von Masken für die Geimpften nicht eher kontraproduktiv ist. Man müsste das mal diskutieren. Ihr Impfschutz dauert ja nur ein paar Monate, dann schwächt er sich, wie die Studien zeigen, ab. Wäre es da nicht sogar besser, sich in dieser Zeit anzustecken? Dann wären sie doch wirklich immun. Wieso schützen sie sich jetzt noch doppelt, durch Impfschutz und durch Maske? Es gibt da erlassene Regeln, die bloß weiterlaufen, deren Sinn niemand mehr versteht.

Andreas Platthaus rezensiert Stephan Thomes neuen Roman Pflaumenregen

Die Rezension können Sie [hier] lesen

Photo von Eckelshausen

Meine Mutter machte ein schönes Photo vom Abendhimmel [Link]

2021.10.11

Entwurf eines Radio-Internets

Das Internet ist heute immer noch nach dem Modell des Telephons gedacht. Entlang der Telephonleitungen laufen die Datenströme, sie werden individualisiert abgerufen. Das führt dazu, dass der Datenverkehr enorm anwächst und die Energien, die für die Serverfarmen gebraucht werden, immens sind. Dabei wäre ein Großteil des Internets über Radiowellen übertragbar, so wie man dies jetzt schon in Deutschland mit dem digitalen Radio Broadcasting (DAB) macht. Man nimmt also die klassische Übertragungsform, wählt aber eine digitale Kodierung und Enkodierung. Dadurch lässt sich die Anzahl der Sender, deren Qualität steigern und sogar Zusatzinformationen, wie im Videotext, können übertragen werden. Man könnte dieses Modell auch für das Internet erweitern. Das wäre sicherlich kosten- und datensparend, denn ein guter Teil des Internets wird durch Streaming belegt, dazu noch durch Streaming weniger Blockbuster. Ich stelle mir das so vor: Es gibt einen Sender, der sendet per digitaler Radiowelle einen Katalog mit Medieninformationen, ähnlich wie beim Videotext, nur jetzt multimedial. Dieser sendet rund um die Uhr. Es gibt nun digitale Empfangsgeräte, die die Informationen bündeln und speichern, so dass diese zeitlich beliebig abrufbar werden. Es ist möglich, dass lokale Akteure das Netz nutzen, um ihre Informationen zu verbreiten. Das können Nachrichten sein, Berichte etc. Das Gute ist: Solch ein Internet ist extrem umweltschonend, denn es ist prinzipiell egal, wie viele Menschen die Informationen abrufen, der Aufwand bleibt gleich. Natürlich ist das Radio-Internet kein Ersatz für das jetzige Internet, denn es ist zentralistischer und bürokratischer. Aber man kann sich das wie eine kleine Multimedia-Radiostation vorstellen, die die Hörerinnen und Hörer lokal mit medialen Inhalten versorgt. Es sind dies geprüfte und zertifzierte Inhalte von Menschen, die an einem Ort leben. Auch wäre es denkbar, dass die Lizenzen, etwa für Filme, lokal erworben werden können. Man könnte ganze Bibliotheken sehr leicht mit diesem Modell übertragen. Da die Nacht genutzt werden kann, bliebe auch für mediale Inhalte, die mehr Speicher brauchen, genug Raum. Man müsste einmal ausrechnen, was hier möglich wäre. Die Schwierigkeit besteht nicht in der Technik, sondern in der Bürokratie, die das Internet vom Radio rechtlich und verwaltungstechnisch trennt. Diese müsste überwunden werden.
Bild

2021.10.10

Florian Zellers Film The Father (2020)


Neulich sah ich im Flugzeug Florian Zellers Film The Father (2020). Normalerweise laufen im Flieger nur Blockbuster und fürchterlich einfach vorhersehbare Action-Streifen. Ich habe mir angewöhnt, Musik dazu zu hören, die Filme stumm zu schauen und erahne dennoch, was passiert. Aber bei Zellers Film schaltete ich schnell den Ton dazu. Er hat mich beeindruckt. Der Film handelt von dem alten Mann Anthony (Anthony Hopkins), der an Demenz erkrankt und seine jüngste Erinnerung verliert. Er denkt, dass jemand seine Uhr versteckt oder klaut, weil er sie nicht findet. Seine Emotion springt aber noch in der Zeit. Er flirtet mit der Haushaltshilfe und hüpft wie ein junger Tap Dancer vor ihr, der er gewesen sein will, obwohl er Ingenieur war. Die junge Hilfe kann er aber dennoch tief verletzen, weil er in der Gegenwart lebt und die alteropolaren Emotionen anders erspürt. Die Tochter Anne (Olivia Colman) darf sich heimlich in ihren Vater verlieben. Widersprechende Erinnerungen lassen unklar, wer sich hier richtig erinnert. Der Film hat eine Musikalität, weil der Demente alles wiederholt, ein unfreiwilliger Rhythmus umfängt den Alltag. Die Tochter Anne wird, Freuds Wendung entlehnend, zur Mutter ihres Vaters, ihr Mann wird neidisch. Es verschmelzen mit den Umzügen die Erinnerungen, sie überlagern sich. In gewisser Weise werden im Film Erinnerungen veräußerlicht, gedoppelt. Irgendwann weiß man nicht mehr, ob man subjektiv wahrnimmt oder objektiv, ähnlich wie in Christian Petzolds Yella. Letztlich steht Gegenwart gegen Vergangenheit. Man weiß nicht, welche Geschichten bestätigt werden. Lügen lässt sich da gut, aber vielleicht war es auch einfach ein Fehler in der Erinnerung? Es gibt, das zeigt der Film, habituelle, faktische, narrative und musikalische Erinnerungen, dazu noch Namenserinnerungen. »Who I am?« - »You are Anthony.« Das Ende ist sehr schön, »I feel as if I am loosing all my leaves«. Es gibt blitzartige, klare Momente, in denen sich das Bewusstsein sein Recht holt, die Zeit zu synthetisieren. Und war es nicht die spurenlose Wohnung, die all das auslöste?

2021.10.09

Reiseblatt online!

Mein neues [Reiseblatt]ist nun online. Es handelt von Glühwürmchen und trägt den Titel: Ein Park für Glühwürmchen. Der Hiromachi Ryokuchi-Park in Nishi-Kamakura.
Nishi-Kamakura
[pdf] [epub]

2021.10.02

Windrad bei Haltern am See (Nordrhein-Westfalen)

Wie lange Windräder halten, wie sie entsorgt werden, weiß niemand. Auch werden die Öko-Rechnungen stets mit den aktuellen Strompreisen bilanziert. Dabei wäre der zu erwartende Preisanstieg einzuberechnen. Gut, dass bei diesem Unglück bei Haltern am See (Nordrhein-Westfalen) niemand zu Schaden kam!

2021.10.01

Condensator - Echo Strum - Gitarrensound



2021.09.30

Stadium Thunder - Gitarrensound

E-Gitarre mit Garage Band und Jam Apogee-Adapter




Floating Sounds. Mit Vox Kopfhörer-Verstärker und aufgenommen mit Zoom-Recorder






Warum ein Workshop zur Utopie Universität? Nächtliche Gedanken von Andreas Becker


2021.09.18

Regen in Tōkyō, Mita


Einreise nach Japan, oder: Wie man aus einer Wohnung mit einem Smartphone eine Quarantäne-Zelle macht

Am letzten Montag, dem 13. September kam ich in Japan an, Tōkyō Haneda. Die Einreise ist immerhin möglich und auch in ein Hotelzimmer musste ich mich nicht (wie das vor kurzem noch üblich war) für drei Tage einquartieren - ich durfte direkt mit einem vorher bestellten Transfer-Taxi [Link] nach Hause fahren. Die Dokumente, die man verlangte, waren zahlreich [Link Aktuelle Infos]. Bei der Kontrolle hatte ich das Gefühl, als ob auch die zahlreichen Blätter das Virus wegwehen sollen. Zum einen verlangte man einen Negativ-Corona-Test in Deutschland [Link Centogene] mit einem spezifischen Formular dokumentiert [Link], dann eine Erklärung (Written Pledge), dass ich mich in Quarantäne begeben müsse [Link], dann ein vorab ausgefülltes Formular (Web Questionnaire) [Link], für das ich einen QR-Code bekam, dann musste man zwei Apps installieren, besser aber drei [Link]. Google Maps (für das GPS), MySOS (Kontroll-App) [Link] (wenn man wollte) noch eine Corona-Nachverfolgungs-App. Das setzte ein Smartphone voraus, das man sich gegebenenfalls hätte mieten müssen. Und natürlich wurde ich auch in Japan nochmal auf Corona getestet, diesmal mit Speicheltest, was sowieso viel besser und angenehmer ist. Geimpft bin ich auch, aber das war für die Bürokratie nicht interessant. Als ich zu Hause war, passierte zunächst nichts. Ich kontaktierte also den Service vom Gesundheitsministerium. Ja, das dauere etwas, sie würden sich melden, automatisiert. Dann poppte am 14. September das erste Mal ein Fenster auf. Ich sollte meinen Standort bestätigen. Dann etwas später ein weiteres Mini-Formular, diesmal ging es um den Gesundheitszustand. Ob ich Fieber hätte oder mit Menschen zusammenleben würde, die Fieber haben. Dann etwas später der Video-Call. Alles von künstlicher ›Intelligenz‹ gesteuert. Mittlerweile hatte ich auch raus, wie man beim Iphone den Ton einstellt und musste nicht mehr nur ständig auf das Display starren. Man wird aufgenommen und muss seinen Kopf in eine Schablone einpassen, die auf dem Iphone erscheint, mehr nicht, mit Hintergrund bitte. So geht es jetzt jeden Tag, zu unbestimmmten Zeiten, immerhin nicht früh morgens oder nachts, man lässt die Menschen schlafen. Die schönen Errungenschaften des Iphones, bei den Entwicklerkonferenzen gepriesen, machen nun aus meiner kleinen Wohnung eine Quarantäne-Zelle. Das Iphone wird zum Big Brother, der Sanktionen erlässt und hohe Strafen drohen, wenn ich seinem Reflexmuster nicht folge. Und das, nur weil man den Verdacht hat, die Eingereisten könnten Corona haben. Es ist nur der Verdacht! Gestern raschelte es an der Tür. Dann ein Klingeln der Haustür, aber die Person mit Maske war schnell wieder weg, wie ich im Videobild der Außenkamera sah. Dann klingelte das Iphone. Die Vermieterin. Sie hatte mir schon eine Nachricht gesandt und hatte Angst, dass mir etwas passiert sei. Aber sie wollte auch nicht die Quarantäne brechen und die Gefahr eingehen, direkt mit mir zu kommunizieren. Und so sagte sie mir, dass sie Baguette und Wasser für mich gekauft habe. Die standen dann vor der Tür. Die Kollegen versorgen mich ja schon, sagte ich. Aber das war wirklich nett. Und das Schinkenbaguette eine Köstlichkeit!
Alle Angaben ohne Gewähr!

Manipulation bei Nietzsche

In seinen späten Fragmenten beschreibt Nietzsche, wie die Massen manipuliert werden. Es gibt einfache Prinzipien, die er auflistet:
»wie wird es erreicht, daß eine große Menge Dinge thut, zu denen der Einzelne sich nie verstehen würde?
— durch Zertheilung der Verantwortlichkeit
— des Befehlens und der Ausführung
— durch Zwischenlegung der Tugenden des Gehorsams, der Pflicht, der Vaterlands- und Fürstenliebe
die Aufrechterhaltung des Stolzes, der Strenge, der Stärke, des Hasses, der Rache, kurz aller typischen Züge, welche dem Heerdentypus widersprechen…
Die Kunstgriffe, um Handlungen, Maaßregeln, Affekte zu ermöglichen, welche, individuell gemessen, nicht mehr ›statthaft‹ sind, — auch nicht mehr ›schmackhaft›‹ sind —
— die Kunst „macht sie uns schmackhaft“, die uns in solche ›entfremdete‹ Welten eintreten läßt
— der Historiker zeigt ihre Art Recht und Vernunft; die Reisen; der Exotismus; die Psychologie; Strafrecht; Irrenhaus; Verbrecher; Sociologie
— die ›Unpersönlichkeit‹: so daß wir als Media eines Collektivwesens uns diese Affekte und Handlungen gestatten (Richtercollegien, Jury, Bürger, Soldat, Minister, Fürst, Societät, ›Kritiker‹)… giebt uns das Gefühl als ob wir ein Opfer brächten…« [Link Nietzsche, NF 1887]

2021.09.05

Sprachfetzen im Niddapark, 16.30 Uhr

»Seit jetzt kann man...«
»In deinem bekannten Hotel...«
»Weil es so langweilig ist...«
»Ja, der Plan wäre auf jeden Fall, er muss ja jeden Tag ins Büro und das geht auf Dauer nicht.«
»Nee, aber wohnen an der...«
»Furafurashinaide!«
»Die Basis. Wie ist das?«
»Corona und so. 2019 im Herbst, da hab' ich das zum letzten Mal messen lassen«
»Ein offizieller Test?«
»Ja«
»Das ist der Nidda-Park, wir wollen noch bis nach Schwalbach.«
»Das positive Ergebnis muss noch durch einen PCR-Test verifiziert werden.«
»A kejiellem«

Fraternisierung

Wie lässt sich die Fraternisierung im Krieg bewerten?

Die Trennung der Inzidenzzahlen nach Geimpften und Ungeimpften

Neuerdings teilt man in Hessen die Inzidenzzahlen nach Geimpften und Ungeimpften auf. Offenbar möchte man dadurch den Wert der Impfung hervorheben, denn die Zahl ist bei den Ungeimpften ungleich höher. Das Ärzteblatt schreibt am 3. September 2021:
»Hessen will die landesweite Inzidenz künftig getrennt nach geimpften und ungeimpften Menschen ausweisen. ›Die Differenz ist groß‹, erklärte heute Gesundheitsminister Kai Klose (Grüne) in Wiesbaden. Bezogen auf die Altersgruppe ab zwölf Jahren liege die Sieben-Tage-Inzidenz in der Gruppe der Unge­impf­ten derzeit bei 262,3 pro 100.000 Einwohner, so Klose. Bei den vollständig geimpften Menschen betrage der Wert 12,7 pro 100.000 Einwohner. [...] ›Diese Zahlen belegen eindrücklich, wie wirksam die Impfung ist‹, betonte Klose. ›Es infizieren sich weit überwiegend Ungeimpfte.‹« [Link]
Man könnte dieses Verfahren als einen statistischen Trick, eine Art von Scheinzahl beschreiben, weil die Bedingungen, unter denen die Zahlen erhoben werden, vollkommen ungleich sind. Denn die Geimpften müssen sich nicht testen lassen, somit werden die asymptomatisch Infizierten nicht erfasst. Da eine Testpflicht für Ungeimpfte besteht, wenn sie bestimmte öffentliche Räume betreten wollen, werden aber bei ihnen auch die asymptomatisch Infizierten erfasst. Natürlich ist der Wert dann höher!

Achtung und Alterität

Eine große Schwierigkeit besteht darin, Menschen, die keine Selbstachtung haben, achtungsvoll zu begegnen.

David gegen Goliath in Sachen Nebenwirkung

Patient: »Wieso soll ich mein Kind auch noch dagegen impfen lassen? Sie kennen doch die Nebenwirkungen gar nicht!«
Ärztin: »Doch, die Impfung gibt es schon einige Zeit, die hat wenig Nebenwirkungen. Das wird bei der Impfzulassung an großen Gruppen untersucht.«
Patient: »Ja, klar, die Pharmaindustrie untersucht das an großen Gruppen, vor allem, um statistisch die Wirksamkeit auszuweisen. Natürlich werden auch die Nebenwirkungen überprüft, aber nur während der Studie, nicht die Langzeitnebenwirkungen danach.«
Ärztin: »Doch, die werden auch untersucht.«
Patient: »Von wem denn? Die, die die Impfung bekamen, werden doch nicht nochmal gesondert erfasst, damit der Pharmakonzern sich selbst bescheinigt, wie schlecht sein Medikament ist.«
Ärztin: »Der Pharmakonzern untersucht das nicht. Aber wir als Ärztinnen und Ärzte untersuchen das.«
Patient: »Oh ja, am einzelnen Patienten, der schon ahnt, dass das von der Impfung kam... das ist wie David gegen Goliath!«

2021.08.27

Über den Umgang mit Vernunft und den Vernünftigen

Eine der größten Errungenschaften der Moderne ist die Idee des neutralen Arguments. Das heißt, dass man jedes Argument gleich wichtet, unabhängig von der Sympathie oder Antipathie des Menschen. Man löst das Argument vom Argumentierenden ab. Dazu gehört eine Art von Epoché der Affiziertheit. Man ist affiziert, weil man in seiner Erlebenswelt die andere Meinung nicht glaubt aushalten zu können. Sie affiziert uns, weil es eine Identität zwischen Meinung, Mensch gibt, die uns bedroht. Aber diese Praxis des Aushaltens anderer Meinungen schwindet in den letzten Jahrzehnten. Zunehmend wird versucht, Menschen, die eine Meinung vertreten, zu diskreditieren oder gar zu töten. Man tötet die Vernunft, indem man die Menschen tötet, die die Vernunft praktizieren bzw. Argumente neutral vertreten, die nicht dem Weltbild der anderen entsprechen. Um wieder eine Basis zu erwirken, brauchte man eine metaphysische Erneuerung, also eine der Prämissen. Wie kann das geleistet werden? Welche Arbeit ist dazu notwendig? Was und wie muss gedacht werden? Wie schafften das die Aufklärer? Wie erneuert man das Denken? Es geht darum, Alterität zu praktizieren. Ein offenes Denken zu ermöglichen. Dazu gehört auch eine Haltung. Aber welche?

Wohin mit den negativen Energien?

Im Kapitalismus, wo die Arbeit entfremdet ist, entstehen Sekundärmärkte des Ausgleichs. Man arbeitet für Lohn, d.h. man tut etwas, das man nicht will, und sucht nun am Wochenende, im Urlaub diese negativen Gefühle auszugleichen. Dies geschieht gewöhnlich, indem man die sog. Dienstleistungen in Anspruch nimmt. Man kauft sich positive Erlebnisse ein, die die negativen überkompensieren. Man errichtet so eine Gegenwelt zu den erinnerten bzw. vergangenen Frustrationen. Dazu gehören Events, touristische Unternehmungen, Luxus etc. Das irreale dieser Gefühlsökonomie ist von außen leicht sichtbar, aber von innen kaum wahrzunehmen. Man betrachtet das als normal, weil alle sich so irreal verhalten. Es entstehen absurde Lebensniveaus, ganze Landschaften werden nach dem Kitschmuster der Reiseprospekte umgestaltet. Seit mehr als einem Jahr pausieren diese Ausgleichsindustrien nahezu komplett bzw. können nur in Zeitfenstern hochgefahren werden. Somit fielen die Ausgleichsökonomien des Kapitalismus, also diese Sekundärkreisläufe nahezu aus. Was geschieht nun mit den negativen Energien der Menschen? Sie können sich nach innen richten, Menschen werden dann depressiv, tun sich ein Leid an. Oder man spart die negativen Energien auf - und sie entladen sich irgendwann unkontrolliert. Aber es ist klar, ein Ventil brauchen diese Energien. Und wenigen Menschen wird es gelingen, sie adäquat zu thematisieren bzw. mit ihnen argumentativ-rational umzugehen. Und dies sind gewaltige emotionale Energien, weltweit. Sie können ganz plötzlich, wie ein Vulkan, ausbrechen.

Nomen est omen

Wie kann man begründen, dass der Name kein Omen ist? Die ganze Kulturwelt arbeitet durch Sinnstiftung daran, Namen Sinn zu verleihen. Welcher Romancier wählt schon die Namen zufällig aus? Aber im Alltag tut man so, als gäbe es das nicht. Dabei weben doch die Eltern durch Namensgebung weiter am Gefüge. Und die Familiennamen sind ebensolche gesellschaftlichen Gewebe etc.

Afghanistan

Der Krieg in Afghanistan wurde auf ungleichen Ebenen geführt. Bei Kriegen gibt es gewöhnlich ein Kalkül des Menschenverlusts. Ist dieser zu hoch, kapituliert man. Der Westen und die Nato gingen davon aus, dass diese Ökonomie der Toten auch hier gelten würde. Das war ganz offensichtlich eine Fehlannahme. Gegen Kämpfer, die von Beginn an ihren Tod einkalkulieren, diesen als Erlösung verstehen, kann keine noch so hochgerüstete Armee gewinnen. Doch man hätte, anstatt sich ganz zurückzuziehen, eine Parzelle besetzen können, die man verteidigt und in der man die Kräfte bündeln hätte können. Nun muss man erstmal verstehen, was da geschah. Florian Coulmas hat in der NZZ mit dem Erstaunen über die wechselnden Realitäten im Land damit begonnen [Link NZZ], Slavoj Zizek in der BZ mit einer Analyse der Spiritualität [Link BZ], Navid Kermani mit einer politischen Analyse [Link FAZ].

2021.08.24

Charlie Watts ist tot.

Die Rolling Stones sind die beste Band der Welt. Was wären die 1960er Jahre ohne ›Satisfaction‹, ›Time Is on My Side‹, ›Jumping Jack Flash‹, ›Sympathy for the Devil‹, ›Street Fighting Man‹, ›Gimme Shelter‹ und ›Midnight Rambler‹, die 1970er ohne ›Angie‹, ›It’s Only Rock ’n Roll (But I Like It)‹? Und wie fulminant starteten die Stones in die 1980er mit dem Album ›Emotional Rescue‹? Und dann die Salven ›Start Me Up‹, ›Hang Fire‹ auf dem Album mit dem schönsten Cover, ›Tattoo You‹! Der neue Sound in ›Undercover of the Night‹, da haben sie sich wiedereinmal neu erfunden. In den 1990er Jahren ging es souverän weiter mit Songs wie ›Love Is Strong‹, dann etwas funkiger und im Album ›Blue & Lonesome‹ kehrten sie zum Anfang zurück: Blues.
Nun ist deren Drummer, Charlie Watts, tot. Er hat uns viele schöne Stunden geschenkt, swinging Music, Jazz im Rock'n Roll. Immer war er bescheiden, spielte im Hintergrund. Sein Schlagzeug einfach. Aus diesem Einfachen schuf er solch schöne Momente. Das hatte mit Schlägen (›Schlagzeug‹) nichts zu tun. Er streichelte sein Instrument. Mehrmals sah ich die Stones live. Er spielte im Schatten Jaggers, hatte solche Freude daran, der Musik Komplexität zu verleihen, indem er die Rhythmen immer wieder variierte, sie brach, gegen die Zeit laufen ließ. Danke, Charlie!

2021.08.22

Hitparaden der Wissenschaft

Die wissenschaftliche Literatur wird seit der zunehmenden Ökonomisierung nach dem Modell von Hitparaden gelistet und erschlossen. Der Impact Factor (IF) [Link] ist ein quantitatives Maß, das angibt, wie oft ein Artikel zitiert wurde. Es gibt Datenbanken für die Naturwissenschaften und für die Geisteswissenschaften bzw. gemischte Datenbanken wie Google Scholar. Teilweise sind diese kostenpflichtig, wie das Web of Science [Link]. Beeindruckend ist an diesen bibliometrischen Großprojekten nur die schiere Zahl: »More than 53 million records and 1.18 billion cited references date back from 1900 to present.« [Link]. Hans-Georg Gadamer hat bereits 1972 konstatiert: »Inzwischen hat die weltweite Ausdehnung und die steigende Spezialisierung der Forschung zu einer Informationsüberschwemmung geführt, die sich gegen sich selbst kehrt. Der Bibliotheksfachmann denkt heute sorgenvoll darüber nach, wie er die Massen von Information noch speichern und verwalten soll [...]« (Hans-Georg Gadamer: Theorie, Technik, Praxis, in: ders.: Über die Verborgenheit der Gesundheit, Frankfurt am Main 2018, S. 11-49, zit. S. 20). Man ist erstaunt, wie primitiv das Verfahren des Leitindex im Vergleich zu den durch es organisierten Forschungsinhalten ist. Offenbar gelingt es der Wissenschaft nicht mehr, qualitative Einordnungskriterien für das eigene Wissen zu finden. Gadamer spricht auch, ganz zu recht, von einem Betrieb. Diese Auffassung mit ihren Ansprüchen und Kriterien hat auch ganz konkrete Folgen. An ihr bemessen sich Stellenbesetzungen etc. Der Index strömt also in die Praxis und die institutionelle Organisation der Universitäten ein. Weiter heißt es bei Gadamer: »Der Stolz eines maschinellen Wortindex ist seine Vollständigkeit. Bei ihm ist garantiert nichts vergessen oder ausgelassen. Natürlich hat man schnell realisiert, daß solche Vollständigkeit auch ihre praktischen Nachteile hat. Ein häufig vorkommendes Wort füllt viele Seiten des Index und führt auf diese Weise zu einer eigenen Form des unauffindbaren Verstecks des Gesuchten. Nun sagt man sich, daß ein gesuchtes Wort erst durch den Kontext kenntlich wird. So ist der Kontextindex der nächste Schritt zur Annäherung an die praktische Brauchbarkeit eines maschinellen Index. Auch die Idee des Kontextes ist aber wiederum nur in abstrakt isolierender Form durchführbar. Der ›geistige‹ Kontext, unter dem der konkrete Benutzer wirklich sucht, ist dabei keiner Auszeichnung fähig.« (Gadamer: Theorie, Technik, Praxis, a.a.O., S. 45).

2021.08.21

Die Gehaltspyramide in Zeiten privatisierter Krankenhäuser

Seitdem viele Krankenhäuser und die Gesundheitsversorgung nach dem Muster von Unternehmen geführt werden, haben sich auch die Bezüge verändert. Die Vorstandsmitglieder sind dabei gut bedacht, so heißt es im Jahresfinanzbericht AG 2020 der Rhön-Klinikum Aktiengesellschaft: »Die Vorstandsmitglieder erhalten ab dem Geschäftsjahr 2016 eine garantierte Jahresgesamtvergütung (Summe aus Grundgehalt und Tantieme) von mindestens 600 Tsd. €.« ([Link], ebenda, S. 12) Interessant ist dabei die Einführung der Einheit »Tsd. €.«!

2021.08.18

Filmkomponist Stefan Will

Die Musik Stefan Wills fasziniert mich seit langem. Manchmal, in Christian Petzolds Filmen, läuft sie kaum hörbar, manchmal nah am Geräusch, im Hintergrund. In anderen Arbeiten ist sie suggestiv und pulsierend.
Stefan Will im Interview über den NDR-Tatort Tödliche Flut [Link]
Youtube-Kanal von Stefan Will [Link]
Sound-Design von Not a machine [Link]

2021.08.17

Warum Kinder nicht gegen COVID-19 geimpft werden sollten

Die COVID-19-Erkrankung betrifft nahezu keine Kinder, auch sterben sie nicht daran. Die Impfung ist dagegen mit zahlreichen unwägbaren Langzeitnebenwirkungen verbunden. Der soziale Druck, der nun aufgebaut wird, lässt sich bestenfalls soziologisch erklären, ein pharmazeutisches Argument dafür gibt es nicht. So gibt es eine Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) und der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) über die Hospitalisierung und Sterblichkeit von COVID-19 bei Kindern in Deutschland vom 21. April 2021, in der es heißt: »Die nun seit Beginn der Pandemie gemachte Beobachtung, dass von den schätzungsweise 14 Millionen Kindern und Jugendlichen in Deutschland nur etwa 1200 mit einer SARS-CoV-2-Infektion im Krankenhaus (< 0,01%) behandelt werden mussten und 4 an ihrer Infektion verstarben (< 0.00002%), sollte Anlass sein, Eltern übergroße Sorgen vor einem schweren Krankheitsverlauf bei ihren Kindern zu nehmen.« [Link] Diese Aussage ist eindeutig. Auch ein Youtube-Interview mit Prof. Hübner und Prof. Simon vom 4. Juni 2021 ist dementsprechend, besonders interessant ab Minute 11.00. [Link]

2021.08.11

Bucephalos, das scheinbar unbezähmbare Pferd

Plutarch beschreibt in seiner Biographie Alexander des Großen eine interessante Begebenheit. Der Feldherr sah ein Pferd, das unbezähmbar schien und später bei seinen Feldzügen sein Schlachtross wurde:
»›Dann werde ich wahrlich den Preis für das Pferd bezahlen!‹
Alle lachten und als man sich über den Preis geeinigt hatte, lief Alexander sofort auf das Pferd zu, nahm es am Zügel und drehte es gegen die Sonne.
Er hatte offenbar bemerkt, dass es scheute, wenn es seinen Schatten vor sich fallen und bewegen sah. [Link]«
Es ist eben diese Finesse. Alexander war so feinfühlig, dass er bemerkte, woran es lag, dass das Pferd scheute. Er ging mit der Angst des Pferdes um, vermied sie, anstatt es zu schlagen oder zu zwingen. Niemand gewinnt Schlachten durch Angst. Niemand erreicht seinen Willen durch Schläge.[Link Wikiwand] [Link Schommer-Graphik]

Apple und der Überwachungsstaat

Digitalstaat (Skizze 27)

Autoritäre Maßnahmen, Überwachung und Aussetzung demokratischer Freiheiten und Rechte werden nahezu immer mit der Notwendigkeit der Bekämpfung von Terrorismus, Kriminalität und der Verhinderung von Verbrechen begründet. Dabei sucht man sich vornehmlich Randgestalten der Gesellschaft heraus. Niemals fragt man nach den Motiven. Dass die Verbrecherinnen und Verbrecher selbst schon Opfer waren, das passt nicht in das Argumentationsmuster hinein. Nun prescht Apple vor mit einer Aushebelung der Privatsphäre, einer vorgängigen Durchsuchung, die jeglicher demokratischer und juristischer Legitimation entbehrt. In der Digitalausgabe der Süddeutschen Zeitung vom 6. August 2021 heißt es:
»Apple unterstützt den Kampf gegen Kinderpornografie mit einem radikalen Schritt. Der Konzern will von Herbst an zunächst Fotos von US-Nutzern, die den hauseigenen Online-Speicherdienst iCloud verwenden, mit einer Liste von bekanntem kinderpornografischem Material abgleichen lassen. [...] Bei einer Übereinstimmung werden verdächtige Bilder mit einem Zertifikat versehen, mit dessen Hilfe Apple sie nach dem Hochladen zur iCloud ausnahmsweise öffnen und einer Prüfung unterziehen kann. Das System schlägt erst Alarm, wenn es eine bestimmte Anzahl von Treffern gibt. Wie viele es dafür sein müssen, wird nicht öffentlich gemacht. Wird dann bei der Überprüfung tatsächlich kinderpornografisches Material entdeckt, meldet Apple dies der amerikanischen Nichtregierungsorganisation NCMEC (National Center for Missing & Exploited Children), die wiederum Behörden einschalten kann.« [Link]
So gut gemeint und wichtig das Vorhaben sein mag, es öffnet der digitalstaatlichen Totalkontrolle Tür und Tor. Einmal angewandt werden sich zahlreiche andere Akteure melden und Scans im Hintergrund durchführen wollen. Man kann nur hoffen, dass europäische Gerichte dem eine Absage erteilen. Es ist dies eine Tendenz, die man seit Jahrzehnten beobachten kann und bei der Großunternehmen zunehmend hoheitsrechtliche Aufgaben übernehmen, für die sie institutionell nicht legitimiert sind.

Nachtrag vom 5.9.2021: Apple legt das Projekt nach heftigem Protest auf Eis. [Link FAZ]

Assange ist nicht vergessen!

Nils Melzer, UN-Sonderberichterstatter, schreibt in einem lesenswerten Aufsatz in Der Freitag:
»Obwohl WikiLeaks schwerste Verbrechen bewiesen hatte, wurde kein einziges davon verfolgt oder wiedergutgemacht.Stattdessen wurde Assange als Vergewaltiger, Hacker, Spion und Hightech-Terrorist verschrien, der ›Blut an seinen Händen‹ habe und sich Recht und Gerechtigkeit entziehe. Keiner dieser Vorwürfe konnte je bewiesen werden, auch nicht mit illegalen Untersuchungs- und Überwachungsmethoden. Bewiesen ist hingegen, dass Assanges Verfahrensrechte und Menschenwürde systematisch verletzt und Beweismittel gefälscht, manipuliert sowie unterdrückt wurden.« [Link]

Das undemokratische Internet

Digitalstaat (Skizze 26)

Definiert man Demokratie als eine Diskursform, bei der jeder die gleiche Möglichkeit hat mitzuwirken, so ist das Internet schon in seiner technischen Ausführung undemokratisch. Man kann dies an einfachen Zahlen ablesen. Mein Internet-Anschluss weist ein eigentümliches Gefälle zwischen Upload- und Downloadgeschwindigkeit auf. Der Download hat 50 Mbit/s, beim Upload sind es nur 2 Mbit/s. Das ist immer so. Konkret heißt das, dass ich sehr leicht konsumieren kann, Streaming als Download genießen kann, also die TV-Funktion des Internet nutzen. Sobald ich aber uploaden will, also das Internet mit Daten füttern will (so wie in dieser Homepage), fällt die Geschwindigkeit ab. Dann brauche ich für die gleiche Datei 25 Mal mehr Zeit für den Upload. Das ist das demokratische Gefälle, das man bewusst einbaut. Diese Geschwindigkeitsmarke zeigt, wie wenig man daran interessiert ist, dass die Menschen das Internet gestalten. Sie sollen die vorhandenen Daten ansehen und konsumieren. Eigene Filme oder größere Projekte sollen sie nicht uploaden.

2021.08.08

»Hau mal richtig drauf! Hau drauf!« Das Drama von Kim Raisner und Annika Schleu im Fünfkampf 2021

Man kann das Drama der Fünfkämpferin Annika Schleu im Springreiten der Olympiade in Tōkyō 2021 nicht ohne Kontext verstehen. Und dieser ist nicht allein im Reitsport zu suchen. Das zugeloste Pferd Saint Boy bockte und wollte nicht über die Hürden springen. [Link Video ARD]. Da nahm sie die Gerte und schlug auf das Pferd. Die dann von den olympischen Spielen 2021 suspendierte Trainerin Kim Raisner rief von der Seite aus »Hau mal richtig drauf! Hau drauf!« Als das alles nichts half, weinte Schleu, die eigentlich bei den anderen Disziplinen schon in Führung lag und nun hoffnungslos zurückfiel, wie ein Kind. Sie saß vollkommen hilflos auf dem Pferd und hatte keine emotionale Antwort auf das Verhalten des Pferdes.
Die Debatte, wie sie das Pferd behandelt habe, ist oberflächlich. In dieser peinlichen Reaktion offenbart sich die Brutalität des Leistungssports, die sonst hinter der Fassade verdeckt wird. Es ist eine Gewalt, die eingesickert ist bis in die mediale Darstellung und die in diesem Moment nicht mehr retuschiert werden konnte. Die Pferde bekommen keine Medaillen, nur die Reiterinnen und Reiter. Dabei haben diese Tiere von Geburt an eine Tortur hinter sich. Schon die Deckung geschieht kontrolliert und dann muss das Pferd immer das machen, was der Reiter/die Reiterin will, ein Leben lang. Vielleicht wurde auch Saint Boy eingeflogen, hatte im Flugzeug Angst, vielleicht Jet Lag? In Japan wurde das Tier sicherlich sehr höflich und respektvoll behandelt, so wie es üblich ist in dem buddhistischen Land. Auch das mag es irritiert haben. Und nun bockte es. Und am Ende soll die Trainerin es gar mit der Faust geschlagen haben. Man könnte das Ganze als Reiterin/Reiter mit Fassung ertragen. Was will man da machen? Mehr als Ruhe kann man dem Pferd nicht geben, das den Reiter nicht kennt. Und wahrscheinlich wäre es genau dann losgetrabt und hätte die Hindernisse überwunden. Das kann es ja. Stattdessen aber dann die Gewalt der Gerte, die das Pferd vielleicht schonmal spürte, weshalb es sich vielleicht daran erinnerte, was vorher war. Niemand weiß das. Die Kette der Gewalt, die sonst im Hintergrund läuft, lag nun offen dar: Pferd, Reiterin, Trainerin - »Hau mal richtig drauf! Hau drauf!« Dass diese Art von Umgang mit Tieren und Menschen gnadenlos gescheitert und um die Welt gegangen ist, verdanken wir Saint Boy. Gerne würde ich sehen, wie eine Reiterin/ein Reiter nach dem Wettbewerb nochmal auf das Pferd steigt, und es dann ohne den Trubel ganz spielerisch und mit Freude den Parcour nimmt. Was wird wohl aus Saint Boy?

Artikel in der FAZ: Kommentar vom 6.8.2021 [Link FAZ], Artikel vom 7.8.2021 [Link FAZ], [Link FAZ], Interview mit der Trainerin, Artikel vom 8.8.2021 [Link FAZ].

2021.08.03

Joe Bidens Memorandum zur Cybersicherheit

Nach den Attacken von Hackern auf Pipelines und Konzerne in Amerika hat die Biden-Administration am 28. Juli ein Memorandum veröffentlicht, in dem es heißt:
»Protection of our Nation’s critical infrastructure is a responsibility of the government at the Federal, State, local, Tribal, and territorial levels and of the owners and operators of that infrastructure. The cybersecurity threats posed to the systems that control and operate the critical infrastructure on which we all depend are among the most significant and growing issues confronting our Nation. The degradation, destruction, or malfunction of systems that control this infrastructure could cause significant harm to the national and economic security of the United States.« [Link]
Dass es Großkonzernen offenbar nicht möglich war, ihre Netzwerke vor Cyber-Angriffen zu sichern, lässt Schlimmes befürchten. Es ist ein Horrorszenario, dass die Hacker vielleicht auch in militärische Infrastruktur eindringen können. Das wäre dann noch eine Steigerung des Attentats vom 11. September 2001. Die Frage ist, wie man überhaupt die Cyber-Infrastruktur sichern kann. Denn seine Offenheit ist doch gerade die dem Netz eigene Qualität. Alle Machtdemonstration wirkt in dieser Hinsicht vergeblich. Sicher wäre auch hier die effektivste Reaktion, die Motive der Hacker zu kennen. Die Netze technisch zu sichern, scheint vergeblich. Am ehesten würden Cyber-Security-Stellen helfen, also Netz-Beobachter, Anti-Hacker, Software-Spezialisten, die an den sensiblen Stellen sitzen und dauerhaft aufpassen, sofort zur Stelle sind, wenn etwas passiert.

2021.07.31

Entwurf eines Kinozugs


Das Verkehrsmittel Zug ist von seiner Anlage her kollektiv. Der Plan, das Ziel, die Sitzordnung sind fremdbestimmt und wir kaufen ein Ticket und nehmen Anteil an dieser gemeinsamen Fortbewegungsform. Dies ist ganz anders als beim Auto, das gewöhnlich in unserem individuellen Besitz ist oder von uns persönlich gemietet wird, dessen Ziel wir selbst bestimmen etc. Mich verwundert es daher, dass die Bahn auch von ihrer kollektiven Anlage her versucht, das individuelle Reisen zu simulieren. Ich meine, man sollte stattdessen den Zug als ein kollektves Verkehrsmittel in seiner Bestimmung ernst nehmen und nutzen. Man könnte es daher sehr leicht mit anderen kollektiven Künsten kombinieren und hätte ein faszinierendes Hybrid geschaffen. Der hier vorgelegte Entwurf ist der eines Kinozugs. Beispielsweise nehmen die Gäste auf der mehrstündigen Fahrt von Hamburg nach München im Zugkino Platz und buchen neben der Sitzreservierung gleich eine Kinokarte mit einer bestimmten Vorstellung. Der Zug ist dann mit einem guten Projektor, Dolby-Sound etc. ausgestattet und die Fenster sind gedimmt. So kann man auf der Fahrt gemeinsam Film genießen. Ähnlich ließe sich eine Zug-Karaoke-Bar, ein Konzertzug, ein Kochzug, ein Partyzug und ein Gamerzug konstruieren.

Mückenstich. Über spirituelle Kausalität

Eine Mücke sticht mich. Man kann das dem Zufall zuschreiben, aber das käme einer Kapitulation des Kausalitätsgedankens gleich. Warum sollte dieser nicht in der Mikrosphäre bzw. in der Aktion von Mikro- und Makrosphäre gelten? Natürlich, Kausalität wird meistens dann angenommen, wenn man etwas manipulieren und technisch verändern will. In diesem Fall könnte mein Interesse darin bestehen, nicht gestochen zu werden. Oder darin, mehr über die Gründe zu erfahren. Ich meine, wir sollten eine spirituelle Kausalität annehmen, also eine, die jenseits der materiellen Objekte liegt. Es gibt Überlappungen zwischen den Kausalitäten. Aber es ist doch offensichtlich so, dass es Verbindungslinien gibt zwischen meinen Gedanken und dem Mückenstich, meiner Befindlichkeit etc. Es werden von den Mücken bestimmte Gefühlsleiber ausgesucht. Dazu gibt es eine Sphäre der Resonanz zwischen den Gefühlen und Gedanken der Menschen und der Welt, in die sie eingeordnet sind.

Überlegungen für die Zeit nach Corona (Skizze 70)

Über das Gleichgewicht der Gesundheit

Hans-Georg Gadamer entwickelt in seinem kleinen Festschrift-Aufsatz Apologie der Heilkunst eine Theorie der Gesundheit, die nicht auf dem Gegensatz zur Krankheit beruht, sondern diese als ein Gleichgewicht auffasst (und die damit im Kontrast zur modernen Medizin steht, der es um das Machen und technische Herstellen geht). Es heißt: »Die Wiederfindung des Gleichgewichts begegnet genau wie sein Verlust in der Weise eines Umschlags. Es ist eigentlich kein wahrnehmbarer kontinuierlicher Vorgang vom einen in das andere, sondern plötzliches Verändertsein, ganz anders als der uns sonst vertraute Prozeß des Herstellens, in dem Baustein zu Baustein gefügt und Schritt für Schritt die geplante Veränderung ausgeführt wird. Es ist das Erlebnis der Balance [...]« (Gadamer: Apologie, a.a.O., S. 56). Der Arzt arbeite daher passiv, mit dem Patienten, an der »Herstellung von Gleichgewicht« (ebenda, S. 57), alle »Störung desselben, alle Krankheit, bleibt von unübersehbaren Faktoren des sich noch haltenden Gleichgewichts mitgetragen.« (ebenda, S. 57)
Aus dieser Haltung heraus gedacht, wäre die Corona-Pandemie eine Störung des Gleichgewichts in planetarem Maßstab. Man muss sich fragen, wie das sein konnte. Es muss viele Gleichgewichte gegeben haben, die bereits sehr dazu tendierten, aus der Balance zu geraten, nur so konnte sich das Virus in diesem Maßstab ausbreiten. Eine solche Betrachtung wäre hilfreich, gar notwendig. Aber die Mediziner und Virologen halten trotz ihrer Erklärungsnot und ihren fortdauernd sich widersprechenden Aussagen an ihrem Modell des technischen Bekämpfens der Krankheit fest.
Aus: Hans-Georg Gadamer: Apologie der Heilkunst, in: ders.: Über die Verborgenheit der Gesundheit, Frankfurt am Main 1993, S. 50-64.

Überlegungen für die Zeit nach Corona (Skizze 71)

Bürokratische Monstren. Die Meldepflicht - antidemokratische Tendenzen der Testzentren

Bürokratische Monstren
Durch die Corona-Regelungen haben die Regierungen bürokratische Monstren geschaffen. Ein Regelwahn soll die Verbreitung des Virus stoppen und sorgt nur für Unsicherheiten, Irrationalitäten und unmenschliche Zustände (etwa: Hotelquarantäne). Man hätte das auch einfacher haben können, indem man verlangsamt, Menschenmengen verdünnt und entzerrt hätte. So aber zwingt man die Menschen zu Nasenstäbchentests und erzeugt durch Pseudo-Maßnahmen Stockungen an den Grenzen, psychische Folgekrankheiten, innerliche Verletzungen im Mund- und Nasenbereich (Polypen, Nasenschleimhaut).
Undemokratische Testzentren. Meldepflicht
Man stelle sich folgendes, nicht gerade unwahrscheinliches, Szenario vor. Jemand geht freiwillig und ohne Symptome zu haben in ein Testzentrum. Dann ist der Test positiv. Die Testzentren haben, wie auch Ärzte und Schulen, nach dem Infektionsschutzgesetz eine Meldepflicht. Das RKI schreibt:
»Die Ärztin oder der Arzt, aber auch andere zur Meldung verpflichtete Personen wie z.B. Leiter von Einrichtungen (z.B. Schulen, Pflegeheime), der bei einer Person den Verdacht auf COVID-19 stellt, muss dies dem Gesundheitsamt gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) melden (siehe dazu die ›Empfehlungen zur Meldung von Verdachtsfällen von COVID-19‹). Auch das Labor, das SARS-CoV-2 bei einem Menschen nachweist, muss dies dem Gesundheitsamt melden.
Die Meldung muss unverzüglich erfolgen und dem Gesundheitsamt spätestens innerhalb von 24 Stunden vorliegen. Dabei müssen auch Name, Adresse und Kontaktdaten der betroffenen Person dem Gesundheitsamt gemeldet werden, damit das Gesundheitsamt die Person kontaktieren kann und die notwendigen Maßnahmen (z.B. Isolierung der betroffenen Person, Ermittlung von Kontaktpersonen) einleiten kann.« [Link RKI]
Natürlich kann man das Ganze mit dem Schutz der Allgemeinheit vor dem Virus begründen. Aber das ist fadenscheinig. Es ist doch ganz klar, dass hier die Rechte des Einzelnen denen der Allgemeinheit untergeordnet werden. Man mag das noch für gut heißen, wenn es in Bereichen eine Testpflicht gibt, etwa bei dem Einchecken zum Flug. Aber wenn jemand freiwillig sich testen lässt, kann es nicht sein, dass dieser Mensch in eine Mühle der Überwachung gerät, obwohl er nur für sich überprüfen will, ob eine Infektion vorliegt. Das ist eben die Diskrepanz, die eine Demokratie aushalten muss. Es ist genauso wie jemand, der ein kaputtes Auto hat, dennoch mit diesem fahren kann und dann eben erst zur Rechenschaft gezogen wird, wenn etwas passiert. Ähnlich verhält es sich hier. Wenn derjenige dann weiß, dass er Corona hat, kann er sich freiwillig entschließen, sich zu isolieren. Aber niemand, kein Arzt, kein Amt hat einen Anspruch darauf, diesen Menschen in die Mühle der Medizinalbürokratie zu schleusen. Die Folge dieser Art von Staatsverständnis dürfte klar sein. Die Bürger werden dazu tendieren, sich nicht testen zu lassen, weil sie sich eben aus gutem Grund vor der Medizinalbürokratie mit ihren Maßnahmen fürchten. Und eben darum wird sich das Virus viel leichter ausbreiten, als wenn man ohne staatliche Drohung gesagt hätte: ›Ihr könnt euch freiwillig testen lassen. Nichts geschieht, das Ergebnis bleibt euch anvertraut und eurer Sorge um die Gemeinschaft. Wir vertrauen euch und glauben, dass ihr richtig handeln werdet.‹ Dann wäre die Vertrauensbasis geschaffen und ein Allgemeinwille artikuliert. Wir, der Bürger und der Staat, gehen gemeinsam gegen die Pandemie vor. Der Glaube an die Vernunft wäre nicht durch die Drohung von Verordnungen und Gesetzen gestört worden.

2021.07.30

Gitarrentest

2021.07.26

Powerchord

2021.07.25

Erfahrungsprismen

Ein Prisma ist ein Hybrid von Spiegel und Linse. Durch Prismen können Räume ineinander verkehrt und gedreht werden, man kann durch sie um Ecken schauen. In jeder Spiegelreflexkamera ist ein Prisma eingebaut. Erfahrung kennzeichnet, dass sie einerseits spezifisch ist, zugleich aber eine stabile Ordnung stiftet. Hat man etwas erfahren, so gruppiert sich die Realität um diesen Erfahrungskern. Man weiß auch um die Typik der Erfahrung, um deren Übertragbarkeit. Erfahrung kann durch Denken oder durch Phantasie nicht ersetzt werden, hier gibt es unterschiedliche Weisen, mit der Realität auf Tuchfühlung zu gehen.
Trotz der immensen Beschleunigung der Moderne, vor allem durch die Technisierung, wiederholen sich die Erfahrungsordnungen über die Generationen hinweg. Die junge Generation zweifelt das Urteil der älteren dann stets an, macht es lächerlich etc., aber letztlich ist das egal, weil Erfahrungstypiken und Einschätzungen derselben sehr stabil sind. Wir möchten diese zeitliche Verschiebung Erfahrungsprismen nennen. Diese Prismen muss man sich durch die Zeit und von dieser gebaut vorstellen. Wie die optischen Prismen, so liegen die zeitlichen Prismen quer zum Werden und Vergehen. Deren Schliff und Spiegel verlaufen über Jahrtausende. Schwierig wird es, weil wir von den früheren Erfahrungen nur Berichte haben.

2021.07.23

Der Stich. Impfreport II

Heute morgen hatte ich ein Gefühl im linken Oberarm, als hätte ich mir den Arm gestoßen oder mich jemand geboxt. Es fühlte sich an wie ein innerer blauer Fleck, außen war nichts zu sehen. Dann wurde ich gegen Mittag müde und matt und fühlte meine Lymphknoten am linken Arm. Auch die anderen Lymphknoten meines Körpers kitzelten manchmal, so als ob das Immunsystem flackert. Der Körper arbeitet, aber ich weiß nicht, was er macht. Er simuliert eine Corona-Infektion, eine Fake-Krankheit, wird zum Bühnenleib der Pharma-Industrie. Alles geht etwas langsamer, auch das Joggen gestern und heute mit heruntergefahrener Energie. Der Körper braucht sie im Inneren. Die Aufmerksamkeit ist gedämpft und irgendetwas passiert da. Ich lausche darauf und weiß nicht, was es ist. Es wäre naiv zu glauben, dass die Nebenwirkungen dieses Impf-Eingriffs sich in spürbaren Größendimensionen zeigten. Viel eher wird es so sein, dass sich Inseln von Störungen bilden, an die sich etwaige Krankheiten anheften, Überreaktionen etc. Das wird mitunter Jahre dauern. Aber das Immunsystem ist andererseits auch intelligent. Es lässt sich durch die in Lipide verpackte mRNA zwar täuschen, spürt aber sicherlich die Künstlichkeit und reagiert auch darauf. Es ist ein Dialog mit dem fremden Wesen der von den Zellen selbst produzierten Spikes, die das Immmunsystem dann wiederum neutralisiert. Dass das Ganze autoimmun ist und die Gefahren neue sind, dürfte außer Frage stehen, aber so wird die Infektion mit COVID-19 trainiert.
Die Menschheit tritt in ein Pharama-Experiment ungeahnten Ausmaßes ein. Mich stören die Virologen, die immer so tun, als wüssten sie, was da passiert und sich ständig revidieren. Sie machen die Welt zu ihrer Experimentierstube und tun so, als ginge alles mit rechten Dingen zu. Sie wären glaubwürdiger, wenn sie ehrlich sagen würden, dass ihre Studien nur Bruchteile dessen erfassen, was im Inneren geschieht und sie selbst hasardeurhaft ihre Zunft gegenüber dem Virus in Stellung bringen und gegenüber dem Alltag behaupten. Das ist, was geschieht, aber sie legen ihren weißen Zaubermantel an und sprechen, die selbst entworfene Statistik im Rücken, in einer neutralisierten Sprache, einer, deren Leistung es ist, die modernen Beschwörungsformeln zu verschleiern, es ist eine von Gefühlen desinfizierte Sprache, deren Voraussetzung der Mensch als Objekt ist. ›Alternativlosigkeit‹ ist der Begriff, der ihre Macht umgrenzt.

Musiklabor







2021.07.22

Kurt Meißners Memoiren

Der Hamburger Geschäftsmann Kurt Meißner (*1885, †1976) ging 1906 nach Japan und beschreibt in seinen Memoiren sein Leben, das durch den Ersten Weltkrieg einen Bruch erfuhr. Wie es einem ging, der Maschinen nach Japan importierte, kann man [hier] nachlesen.

Der Stich. Impfreport I

Vor der ersten Impfung
Nach der ersten Impfung
Da, wo ich Eric Clapton live hörte, Neil Young und U2, im Saal der Festhalle Frankfurt am Main, dort wurde ich geimpft. Ich hoffe, dass die schöne Erinnerung nicht einer schlechten Impf-Erinnerung weicht. Die Festhalle, für mich ein Ort der Konzerte, ist jetzt parzelliert mit provisorischen Kabinen. Man folgt einer Route, auf der einen zahlreiche Helfer leiten und man mit einem Laufzettel von Station zu Station geht, bis man wie das Ei in der Legefabrik in einer Impfkabine landet. Dann geht alles ganz schnell. Den Stich in den Oberarm selbst spürt man kaum, aber danach hatte ich den Eindruck, ich hätte etwas Fettiges im Arm. Vielleicht kam das auch von meinem Wissen, dass es sich beim Impfstoff um Lipide handelt, in die mRNA eingeschlossen ist. Ein leichtes Schwindelgefühl, ein etwas merkwürdiger Geschmack auf der Zunge und vielleicht ein leicht angeschwollenes Gesicht, wie ich durch den Blick in den Spiegel zu sehen vermeinte. Am schlimmsten war das Warten nach der Impfung. Man muss noch 15 Minuten aufgereiht sitzen, erst dann kann man weitergehen und bekommt den Aufkleber in den Impfpass, schließlich unterschreibt ein Arzt diesen. Dieses Warten dient dazu, Menschen mit anaphylaktischem Schock behandeln zu können, also starken Allergien gegen die Impfung. Dann muss schnell reagiert werden. Es ist ja überhaupt schwierig, herauszufinden, ob ein Stoff eine Nebenwirkung hat. Phänomenologisch mischen sich da Erwartungen, zufällige Befindlichkeiten, Müdigkeit ein. Statistisch mag man das beurteilen können, aber im Alltag gibt es immer auch Schwankungen des Gemüts. Im Impfzentrum waren alle professionell freundlich, wünschten uns sogar einen schönen Tag. Natürlich ist das alles militärisch organisiert, aber für diesen Zweck, schnelle Impfung für viele Menschen, war das ziemlich gut gemacht. Gerade sehe ich Bettina Böhlers Schlingensief – In das Schweigen hineinschreien (2020) [Link]. Was hätte Schlingensief gemacht? Sicherlich sich impfen lassen, dann hätte er vielleicht einen Querdenker gemimt oder vor dem Impfzentrum eine zweite Theater-Impfbude gebaut, mit Schauspielern, die alle unter dem Lockdown litten.

Bob Moogs Synthesizer

2021.07.21

Was ist Denken?

Die Frage beschäftigte schon Immanuel Kant, Martin Heidegger und viele Philosophen. Ich möchte überlegen, was wir tun, wenn wir denken. Von außen gesehen tun wir nichts. Das Denken zeigt sich Anderen nicht an. Wenn Denken ein Tun ist, dann ein innerliches, privatives. Denken ist ein Erinnern an das Gedachte. Ohne meinen Gedanken in der Erinnerung zu halten, ohne Gedächtnisleistung, die den Gedanken der Zeit und ihrem Vergessen entreißt, wäre es uns nicht möglich, zu denken. Damit ist Denken ein Selbstbezug auf das Gedachte in der Vergangenheit. Im Denken entsteht eine Präsenz, eine Verfügbarhaltung, eine Transparenz mir gegenüber. Dazu bewege ich mich, denkend, in bestimmten Ordnungen, die ich selbst nicht ändern kann. Ich kann in Gedanken prüfen, ob etwas richtig ist, im Kopf rechnen, die Zukunft skizzieren, Möglichkeiten durchdenken und meine Phantasie mobilisieren. Eigentümlich ist dabei, dass ich nicht weiß, was ich denken werde. Ich kann zum Beispiel die Aufgabe 22 * 21 im Kopf rechnen, muss aber eine besondere Form der Anstrengung vollziehen, meine Aufmerksamkeit auf das Lösen der Aufgabe richten. Irgendwann habe ich es dann. Ich weiß das Ergebnis. So ist es immer beim Denken. Es gibt eine Art ›Denkauftrag‹ an mich, eine gewisse Differenz mir gegenüber, die ein Vermögen ist, und dann finde ich es. Manchmal kann ich die Aufgabe nicht lösen, dann wird die Zeitspanne umso größer. Ich kann mich einiger Verfahren bedienen, des Gedankenexperiments, der Recherche, des Gesprächs mit Anderen. Diese Verbalisierung des mir zunächst Undenkbaren bereitet mir keine Schwierigkeiten, genauso wenig wie die Umgrenzung eines Namens, den ich nicht erinnere, ich weiß aber, dass es ein Musiker war, dass er das Lied sang etc., aber sein Name fällt mir nicht ein. Dieses Einfallen scheint mir ganz wesentlich für das Phänomen des Denkens.

Zu den archivierten Beiträgen Januar bis Juli 2021 geht es hier

Über diese Seite

In meiner Arbeit Gefühl und Alterität unternehme ich den Versuch, in philosophischen Miniaturen alltägliche Gefühlsmomente darzustellen. Das Buchprojekt im Büchner-Verlag ist als Serie angelegt. Veröffentlicht sind bereits 999 Notizen. Am zweiten Band arbeite ich seit 2016, dieser erscheint voraussichtlich noch 2020. Ein thematischer Schwerpunkt wird auf der japanischen Kultur liegen, da ich seit dieser Zeit in Japan lebe. Die Miniaturen sind nicht abgeschlossen. Man soll sie diskutieren, weiterdenken, hinterfragen und ergänzen. Auf dieser Webseite veröffentliche ich einige Fragmente, die dann in den dritten Band einfließen werden. Da ich unter keinem Zeitdruck stehe, warte ich so lange, bis ich das Gefühl habe, der Band sei nun reif für die Publikation. Wenn Sie mir eine E-Mail schreiben möchten, erreichen Sie mich unter Andreas Becker, beckerx[at]gmx.de. Zur Homepage geht es hier https://gua.zeitrafferfilm.de/.
Hier finden Sie die Seite des Büchner-Verlags. Hier finden Sie einen Überblick über alle meine Projekte im Büchner-Verlag. Die bislang entstandenen Youtube-Videos:

Zurück zum Anfang

Für die Inhalte der verlinkten Seiten Übernehme ich keine Haftung. V.i.S.d.P., Andreas Becker, E-Mail beckerx[at]gmx.de